Sommertage in Bulgarien
 Juli 2004

 

Wir starten die 3. Project-Reise im heißen Juli 2004.

Mit 15 „Zuschauern“  und „Urlaubs-Mitmachern“ führt uns der Weg nach Sarevo / Bulgarien, einem lyrischen Fischerort am Schwarzen Meer.

Die Gruppe ist bunt gemischt, Menschen aus den verschiedensten Berufen, dazu 2 Kinder, meine Frau Vera und mein zehnjähriger Sohn Gabriel.

Ziel dieser Reise ist eine Mischung aus Konzert, Urlaub und Information über das Land:

das ziemlich marode, postkommunistische Bulgarien mit seinen traumhaft schönen Landschaften, die zum großen Teil tatsächlich noch unberührt wirken, den riesigen, leerstehenden Ostfabriken, die eigentümlich zusammenwirken mit den Ruinen der alten Route der Weltkulturen. Die Römer waren hier und hinterließen Amphitheater, die Helenen das eine oder andere Orakel, die Traker ihre Schätze, die Bulgaren Burgen und Steinmeißelungen, die Türken Religion und Architektur und die Sowjetunion gigantische Fabrikanlagen und Hafenmauern aus Beton, und – eine durch und durch schlechte Wirtschaft mit ratlosen Menschen.

Mit unserer Dolmetscherin Willy und wechselnden, muskelbepackten und tätowierten  Security-Leuten, die alle irgendwann einmal Ringer waren, ziehen wir durchs Land, fahren Boot auf einem idyllischen Fluss, schauen uns Wasserschlangen, historische Stätten und Städte, Strände und Berge, Fabriken und Geschäfte an, fragen und reden und diskutieren über Wirtschaft und Kultur und – leben ganz bulgarisch in einem kleinen Hotel über der Meeresbucht von Sarevo, essen bulgarisch, trinken bulgarisch und leben uns langsam ein in dieses speziell  bulgarische  Lebensgefühl von südlicher Gelassenheit und östlichem Fatalismus. Vanja, die bulgarische Wirtin aus Österreich ermöglicht uns den Einstieg mit den kulinarischen Spezialitäten des Landes, einfach, aber unwiderstehlich.

Wir schwimmen im Meer,  liegen in der Sonne und trinken Rotwein vor der Kulisse von Sonnenuntergang-am-Schwarzen-Meer-Szenarien aus kitschigen Postkartenmotiven.

Hin und wieder treffe ich mit Musikern des Landes zusammen: Ich musiziere mit einer Zigeunergruppe am mitternächtlichen Strand, mit einem Dudelsack-Spieler in Madara, einer unendlich alten Ortakelstätte und in den Bergen von Smoljan, 2400 m hoch mit 40 Grad Tagestemperaturen und einer gigantischen  Weitsicht – Musik aus der Vergangenheit und die Menschen vor Ort wie von unsichtbarer Regiehand geleitet: ein Film mit sonnengegerbten Gesichtern, mit Pferd und Wagen und per Sense geernteten Korn.

(- Wenn man es nicht besser wüsste wie entnommen aus einer mentalen Traumreise.)

All dass verändert mich, beeinflusst meine Musik, ich ertappe mich dabei, wie ich Monate später während eines Konzertes plötzlich Dudelsack auf  dem Saxophon spiele, das Instrument verändert sich, wird weicher, durchlässiger und monotoner. (Die Zahl der möglichen Töne reduziert sich...) – alles wird plötzlich intensiver, anders.

Sommertage in Bulgarien – eine Reise in ein Land aus Bildern, die bleiben, schön und traurig zugleich, ziemlich sentimental, manchmal kitschig, dann wieder gebrochen, fast kaputt, Bilder wie aus einem alten Film mit dem Titel „Sommertage in Bulgarien“ -  nachhaltig.